Das Leben ist keine Straße, sondern ein holpriger Weg. Für Sibel Kekilli ging’s über Stock und Stein, von der deutschen Provinz bis nach Hollywood. Dort gehört sie hin. Finden wir.
Ein Nippel, ein bisschen Sex, und das Gejaule ist groß. Dabei ist Sibel Kekilli längst nicht die einzige, die sich mit Pornos über Wasser hielt, als ihr selbiges bis zur Gurgel stand. Peinlich dagegen die Medienhetze, das Getuschel auf dem Roten Teppich, die empörten Schreie der Kollegen. Aber lassen wir das. Denn Kekilli hat’s schließlich geschafft, ist Tatort-Kommissarin und spielte die hübsche Holde im Fantasy-Epos „Game of Thrones“. Nicht schlecht für eine aus einem deutschen Kaff. Eigentlich wollte Sibel Kekilli Medizin studieren oder Jura. An den Eltern scheiterte der Plan. Beide türkischer Abstammung, moderne Muslimen zwar, aber im Herzen trotzdem zu konservativ, um die Tochter studieren zu lassen. Sie sollte was anständiges lernen, einen Mann finden, Kinder kriegen, traditionell bleiben. Und sie hat’s versucht. Mit 19 wollte Kekilli heiraten, aber der türkische Staat stand im Weg. Papiere fehlten. Mühsam sowas. Mit ein Grund für ihren Entscheid, sich ausbürgern zu lassen. Endlich Deutsch ging es mit der Ausbildung los. Bis zur Verwaltungsfachangestellten hat Sibel Kekilli es geschafft – ein Beruf, so spießig, das selbst das Lesen desselbigen schmerzt. Ein Job, den man macht, aber nicht liebt. Kekilli schmiss hin, verkaufte, putzte, kellnerte, stand als Türsteherin vor Nachtclubs und Bars. Dann kamen das Modeln, ein paar Fotos, die Pornos. Was man eben so tut für ein paar Zahlen auf dem Konto. 2002 wurde sie von einem Agenten in Köln angequatscht und regelrecht belagert. Sie solle sich doch beim Film bewerben, da wäre so ein Casting von Regisseur Fatih Akin. Ein Versuch war’s wert. 350 Frauen wollten die Rolle, Sibel Kekilli bekam sie. Und spielte in „Gegen die Wand“, als hätte sie nie was anderes getan. Ohne Training, ohne Anleitung, sowas nennt sich Talent. Erst danach nahm sie Schauspielstunden, verfeinerte das Können. An der Berlinale 2004 erntete sie die Lorbeeren, andere Preise folgten. Und plötzlich lief’s. Die Angebote kamen, Kekilli spielte – tut es noch, denn sie liebt es. Sie vermeidet Klischee-Rollen, sagt ohne Zögern zu, als man sie für den Tatort Kiel anfragt. Und danach für „Game of Thrones“, ihren internationalen Ritterschlag. Das Schauspiel tut gut, macht glücklich und frei. Aber es ist nicht die Realität, findet Kekilli. Deshalb setzt sie sich für Terre des Femmes ein, engagiert sich für Frauenrechte und vermittelt zwischen den Kulturen. Etwas, worauf die Eltern stolz sind. Auch wenn es darauf nicht immer ankommt.