Heidi Klum, Ice Spice und Michèle Lamy sassen im Publikum, Supermodel Anok Yai vergoss Tränen auf dem Laufsteg, Cara Delevingne machte ein Model-Comeback und eigentlich gab’s eine Kollektion zu bestaunen: Die Vetements Show an der Paris Fashion Week war eine Reizüberflutung der Extraklasse.

Nahe der Champs-Élysées erwartet man Versailles-ähnliche Räume. Doch Vetements-Creative Director Guram Gvasalia blieb seiner Ästhetik treu und lud die Gäste in einen betonierten Raum, der aussah wie eine verlassene Parkgarage. Spinnwebenartige Leuchtfäden hingen von der Decke und tauchten den Betonbau in ein kalt-schummriges Licht. Während einige gewissenhaft ihre zugewiesenen Plätze suchten, gab’s für prominente Gäste wie Ice Spice, Heidi Klum und Bill Kaulitz erst einmal eine ausgedehnte Fotosession mitten in der Location.


Komplette Dunkelheit und aggressives Hundegebell setzten den Startschuss für die Show – und stellten sicher, dass die Aufmerksamkeit ab jetzt ganz der neuen Spring/Summer-Kollektion galt. Wobei sich das mit der Aufmerksamkeit schwierig gestaltete: Auch auf dem Catwalk tummelten sich so viele bekannte Gesichter, dass man zwischen Kollektion betrachten und Supermodels erkennen kaum Zeit zum Blinzeln hatte. Winnie Harlow im gepunkteten Outfit, Natalia Vodianova, – und ist das etwa Cara Delevingne, die plötzlich wieder auf einem Runway daher schreitet? Gut, trugen einige Models Masken, sonst hätte das Ratespiel kein Ende genommen.
Das zweite Ablenkungsmanöver neben dem Modelcast war der Soundtrack. In ohrenbetäubender Lautstärke erklang melodischer Techno von Anyma und Chris Avantgarde, den man leider nicht shazamen konnte, da er eigens für die Show kreiert wurde.


Mode mit Message
Wer es doch schaffte, sich auf die Mode zu konzentrieren, erspähte als erstes ein durchgestrichenes Hakenkreuz auf einem simplen weißen T-Shirt. „Die Welt ist in letzter Zeit an einem traurigen Punkt angelangt. Das darf nicht noch einmal passieren. Scheiß auf den Faschismus!“, sagte Guram Gvasalia nach der Show auf Instagram. Er sei mit drei verschiedenen Religionen aufgewachsen – mit einer jüdischen Mutter, einem christlichen Vater und einem muslimischen Großvater – und habe so früh gelernt, dass man viel weiter kommt, wenn man sich auf die Gemeinsamkeiten statt auf die Unterschiede fokussiert. Ein zu begrüßendes Statement in der Zeit, in der wir gerade leben. Auf Instagram hagelte es nebst Lob Kritik, da Gvasalia das Hakenkreuz nicht gekippt positioniert hat und es so auch das indische Swastika statt das Nazi-Hakenkreuz darstellen kann. Seine Message bleibt trotzdem wichtig. Und ist ein netter Seitenhieb an Kanye West, der Anfang Jahr völlig den Verstand verlor und tatsächlich T-Shirts mit Hakenkreuz verkaufte.


Auch die restliche Kollektion kam in gewohnter Vêtements-Manier daher. Weitere Statement-Shirts mit Slogans wie „In my world you don’t exist“ wechselten sich mit weit geschnittenen Mänteln, Bomberjacken und Minikleidern ab. Farbpalette: Hauptsächlich Schwarz, Weiß, Grau, mit hie und da ein bisschen Polka-Dots, Militärmuster und Rosa. Das Motto dieser Kollektion lautet ganz klar:


Den krönenden Abschluss machte Supermodel Anok Yai, die bei der letzten Vetements-Show als Runaway-Bride im weißen Kleid ebenfalls die Show schloss. Vieles ändert sich in einem Jahr: Nun war sie eine schwarze Witwe und weinte herzzerreißend. Ein perfekter dramatischer Abschluss einer Show, die zeigte, was Fashion sein muss: Laut, provokant, unterhaltsam – mit dem ein oder anderen Stück, das man danach sofort kaufen will.
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Fotos: © Josefine Zürcher, Launchmetrics Spotlight