110 Kilogramm verteilt auf 1 Meter 89. Das ist Remo Käser, ein Tier von einem Mann, ein Gladiator im Sägemehl und der neue Botschafter von Tissot. Denn: Die Zeit rieselt genauso schnell durchs Stundenglas wie das Sägemehl durch Käsers Hände.
FACES: Wie erklären Sie das Schwingen einem Touristen? Remo Käser: Schwingen ist mehr als nur Sport. Es verbindet Sport mit Schweizer Tradition. Rudimentär gesagt: Es ist der faire Kampf, Mann gegen Mann, mit dem Ziel, den Gegner auf den Rücken zu legen.
F: Was überwiegt beim Schwingen: die sportliche Betätigung oder der Traditionsgedanke?
RK: Klar der sportliche Gedanke. Aber es liegt an jedem Athleten Traditionen auch zu pflegen und weiter zu tragen.
F: Wie überzeugen Sie junge Menschen vom Schwingen?
RK: Das ist tatsächlich nicht einfach, da die Auswahl an Sportarten enorm ist. Und Schwingen ist eine „harte“ Schule, und Erfolgserlebnisse sind manchmal rar. Gerade im Übergang vom Nachwuchs zu den Aktiven. Ich versuche es mit Nachwuchstrainings oder meiner aktiven Medien- und Social-Media-Arbeit, die Attraktivität des Schwingsports nach aussen zu tragen. Schwingen ist eine Lebensschule, und man gewinnt Freunde fürs Leben. Und dass der Kampf Mann gegen Mann schon immer interessant war, muss ich niemandem erzählen.
F: Was macht einen guten Schwinger aus?
RK: Grundsätzlich ist es die Kombination aus Technik und Kraft. Eine gewisse Grösse ist von Vorteil, aber wir brauchen alle unterschiedlichen Kämpfer. Schwingen ist für alle da.
F: Stimmt beim Schwingen die Regel: the bigger the better?
RK: Grösse ist bestimmt kein Nachteil, rein von der Hebelwirkung. Aber mit Technik kann man einiges wieder ausgleichen.
F: Worin sind Sie ein typischer Schweizer und wobei überhaupt nicht?
RK: Wie definiert man schon einen typischen Schweizer? (lacht) Ich bin stolz auf die typischen Werte wie Heimatliebe, Selbstverantwortung, Eigenständigkeit, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit. Und die Freiheit, die wir in der Schweiz geniessen. Ich bin als Mensch eher aufgeschlossen, und der typische Schweizer steht doch eher für Zurückhaltung. Als Schwinger bin ich vielleicht nicht typisch, da ich gerne R’n’B und HipHop höre.
F: Was vermissen Sie in der Ferne und was in der Heimat?
RK: In der Ferne vermisse ich die Nähe zu meiner Familie. Aber natürlich auch die gute Infrastruktur und dass alles so einwandfrei funktioniert. Die Sicherheit in der Schweiz ist ein grosses Plus. Ich denke, uns Schweizern fehlt etwas die Lockerheit, die man in anderen Ländern spürt. Allerdings zweifle ich daran, ob ich diese dann gegen das eintauschen möchte, was wir hier alles haben.
F: Sind Sie als Alpengladiator ein Superheld?
RK: Ach was. Nein, im Schwingen sprechen wir sowieso nicht von Helden. Schwingen ist einfach meine Leidenschaft, und die lebe ich aus. Alpengladiator kommt ja daher, dass Red Bull TV 2018 über mich den Schwingerfilm „Gladiators of the alps“ produziert hat. Inzwischen arbeite ich daran, für den neutralen Schwinginteressierten eine Alpengladiator-Kollektion zu entwickeln.
F: Wer ist Ihr Held?
RK: Meine Grosseltern und Eltern sind meine Helden. Als Kind fand ich Hulk immer sehr cool.
F: Ist Sportler ein Traumberuf?
RK: Jeder, der sein Hobby zum Beruf machen kann, kann sich glücklich schätzen. Aber wir Schwinger sind keine Profis. Alle gehen noch einer Arbeit nach.
F: Sie posten regelmässig auf Instagram. Eine Plattform, die Sie nutzen müssen oder nutzen wollen?
RK: Ich sehe es eher als eine Chance. Wie die Medienarbeit gehört Social Media für mich als Aufgabe eines Spitzensportlers dazu. Professionell auf allen Ebenen, das ist mein Ansatz. Aber ohne ein starkes Team im Rücken wäre dies natürlich nicht möglich.
F: Jeder besitzt ein Smartphone. Weshalb brauchen wir zum Ablesen der Zeit dennoch eine Uhr?
RK: Eine moderne, schöne Tissot-Uhr sehe ich eher als eine der wenigen Möglichkeiten, als Mann Schmuck zu tragen.
F: Wann vergeht für Sie die Zeit schnell und wann besonders langsam?
RK: Schnell, wenn ich im Wettkampf den Gegner noch nicht auf den Rücken gebracht habe. Die Gangdauer von fünf bis sieben Minuten ist dann schon sehr kurz. Eher langsam vergeht die Zeit, wenn Urlaub ansteht.
F: Wofür entscheiden Sie sich und wieso: analog oder digital?
RK: Schwierig. Ich muss mit der Entwicklung mitgehen. Aber es gibt Momente, wo ich mir das Analoge zurückwünsche. Wie zum Beispiel bei der ständigen Erreichbarkeit.
F: Süss oder salzig?
RK: Salzig.
F: Scharf oder mild?
RK: Mild.
F: Automat oder Gangschaltung?
RK: Ich geniesse meinen Suzuki Vitara mit Automat. Ich kann so mehr entspannen. Aber auf der Rennstrecke fand ich das Schalten schon sehr cool.
F: Tag oder Nacht?
RK: Als Sportler den Tag. Denn nachts muss ich schlafen, damit ich gut erholt bin.
F: Vita-Parcours oder Fitnessstudio?
RK: Fitnessstudio. Als Schwinger verbringst du viel Zeit im Kraftraum. Und ich mache es gerne.
F: Muskelkraft oder Köpfchen?
RK: Mit Köpfchen kommt man im Leben weiter. Und im Schwingen benötige ich beides.
F: Was ist das Beste am Gewinnen, und wie motivieren Sie sich nach einer Niederlage?
RK: Das Adrenalin, es ist eine Art Genugtuung, und man belohnt sich selber. Es ist wie eine Entschädigung für all den Aufwand und den Verzicht im Leben. Aus Niederlagen lernt man bekanntlich am meisten. Es ist der Ansporn, es nächstes Mal besser zu machen.
F: Womit belohnen Sie sich nach einem Sieg?
RK: Mit einem feinen Nachtessen mit der Familie.
F: Was ist der teuerste Gegenstand, den Sie besitzen?
RK: Mein Hüsler-Nest-Bett oder vielleicht auch meine Fischerausrüstung.
F: Wovor fürchten Sie sich oder haben Sie Respekt?
RK: Ich fürchte mich eigentlich nicht so schnell. Respekt pflege ich vor jedem Menschen.
F: Haben Sie ein verstecktes Talent, das keiner kennt?
RK: Ich dachte immer, ich könne singen. Aber ich habe mich getäuscht. (lacht)
F: Haben Sie einen Glücksbringer?
RK: Ein Glücksschwein.
F: Was ist das Wildeste, das Sie je selbst getan haben?
RK: Das war wohl die Teilnahme an der ersten Tanzsendung „Darf ich bitten?“ des Schweizer Fernsehens und der Fallschirmsprung für eine Blick-Geschichte.
F: Was würden Sie gerne geschenkt bekommen?
RK: Gesundheit für mich und meine Liebsten.
F: Wofür geben Sie gerne Geld aus? Und wofür nicht?
RK: Für Ferien, meine Hobbys, die Familie und natürlich Essen. Für Bussen gebe ich es nicht gerne aus.
F: Welche Rituale haben Sie?
RK: Ich bin immer der erste im Sägemehlring.
F: Wen würden Sie gerne treffen und warum?
RK: Aktuell finde ich Dwayne „The Rock“ Johnson ganz cool. Mit ihm in einem Blockbuster-Film zu spielen, why not.
F: Was packen Sie in eine Zeitkapsel?
RK: Meine Familie.
F: Worüber nerven Sie sich zu oft?
RK: Stau auf der A1 Bern-Zürich.
F: Was war früher besser?
RK: Ich bin noch sooo jung. Was soll ich über früher reden. Wir leben im Heute. Machen wir das Beste daraus.
Remo Käser hat schon mehr Kränze nach Hause geholt als im Regal Platz haben. Und das mit gerade mal 22 Jahren. Mit 15 der bis anhin jüngste Kranzgewinner, mit 19 Platz drei am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest – nicht schlecht! Der Papa ist schon Schwingerkönig, da ist Remo noch nicht mal auf der Welt. Dass der blonde Hüne nicht nur Männer ins Sägemehl schmeissen kann, beweist er 2017 beim Tanzen in der Schweizer Show „Darf ich bitten?“. Schwingen ist Käsers Leidenschaft – daneben arbeitet der gelernte Spengler Teilzeit oder lässt sich für Sponsoren wie Tissot, Aldi Suisse, Suzuki, Red Bull oder Fors ablichten.