Als die Mauer fällt, steigt die Populärkultur zu einer neuen gesellschaftlichen Relevanz auf. Wind of Change? Eher ein Tsunami! Die Nineties spülen eine Flutwelle von Ohrwürmern, Kult-Movies, TV-Serien und Showstars über die immer stärker globalisierte Medienlandschaft. FACES rollt die Dekade auf – und veröffentlicht in loser Folge ein Lexikon zum Zeitalter von Grunge, Girlgroups, GZSZ und – Nick Hornby.
In grauer Vorzeit, als der Mensch weder instagrammen noch netflixen und gerade knapp E-Mails verschicken kann, schlägt er die Regentage auf dem Sofa tot mit… Büchern. Aus Papier! Und aus der Feder eines fussballverrückten Musiknerds.
Auf dem Fussballplatz nennen sie das einen Hattrick: Als „Fever Pitch“, „High Fidelity“ und „About a Boy“ mit kurzen Abständen auf Deutsch erscheinen, grassiert in Kontinentaleuropa der Hornby-Hype (der nach der Jahrtausendwende ins Kino überschwappt). Die englischen Originale nota bene erschienen bereits ab 1992 im Dreijahres-Rhythmus und krönten den Glatzkopf zum popliterarischen Oberhaupt des Vereinigten Königreichs. Und für seinen Verdienst um die Geschlechterverständigung gebührt ihm eigentlich ein Friedensnobelpreis.
Obwohl seine primären Themen (Fussball, Frauen) das Gegenteil erahnen lassen: Hornbys feinfühlige Schreibe entbehrt jeglichen Anflug von Machotum. Die Zärtlichkeit, mit welcher der heute 63-Jährige seine Leidenschaft für Arsenal London erklärt, macht „Fever Pitch“ zum vermutlich femininsten Männerbuch aller Zeiten, liefert zudem den Beweis, dass neben Bomberjacken-Gorillas in den Fankurven durchaus Kerle mit Herz und Gefühlen stehen. Genauso wie „High Fidelty“ offenbart, dass Plattenneurotiker auch Gefühle haben, die über Hühnerhaut bei Gitarrensoli hinausgehen.
Von wegen Platten: Inzwischen musikkritisiert Hornby, der einen autistischen Sohn hat, für die New York Times. Noch als Topshot nimmt er unbekannte Rockbands mit auf Lesetour. Und schmuggelt sich während derer Performance unauffällig unters Publikum.