Der ewige Konjunktiv
Es war einmal ein Date, das nie zustande kam. Wer kennt ihn nicht? Den ewigen Vertröster.
Er umschmeichelt, er wird erfinderisch, er verschwindet. Gängiges Verfahren. Meine Freundinnen hatten oft vor Männern gewarnt, die unglaublich engagiert waren – online. Die echte Verabredung blieb regelmäßig aus. Eine unbegründete Hybris ließ mich wissen, dass mir das nie passieren würde.
Stefan, 32, hatte ein einladendes Profil. Keine sonderbaren Vorlieben, keine unverschämt-hohen Ansprüche. Er wirkte wie er selbst. Aufrichtig. Eine Rarität. Ich war müde von den ganzen Aufzug-Spiegel-Selfies, den Posern, die sich als Frauenversteher ausgaben, den Bergsteigern, die das Leben an den Eiern packen und nicht zu vergessen, den Oben-Ohne-Models, die geradewegs aus dem Wasser eines fernen Landes emporstiegen à la Hally Berry.
„Morgen passt es mir leider doch nicht. Hättest du ein andermal Zeit? Mein Vater liegt im KH, und ich muss ihm ein paar Sachen vorbeibringen.“
„Ich verstehe“, antwortete ich. Und das tat ich auch. Nach einer Woche startete ich einen Neuversuch.
„Ja, es geht ihm schon viel besser, danke. Dienstag wäre perfekt! Ich freue mich riesig!“, bekam ich zurück. Die Note Überschwänglichkeit entschädigte mich für die vorige Absage. An besagtem Dienstag erschien wieder eine kleine 1 in meinem Posteingang.
„SSSSSSOOOORRRYYY! Hab’s völlig verplant mit heute. Mein Chef hat mir noch was reingedrückt. Könntest du auch am Samstag? Pizza? Geht auf mich!“
Allmählich kam ich mir blöd vor. Je öfter er absagte, desto konkreter wurden seine Wiedergutmachungsvorschläge. Eine seltsam-frustrierende Dynamik. Warmhalten für Fortgeschrittene. Parallel war ich weiterhin aktiv, doch es ergab sich nichts. Möglicherweise hatte ich auch unbewusst schon auf Stefan gesetzt und war daher nicht offen. Ich sagte zu und ließ eine getarnt scherzhafte Bemerkung fallen, dass er sich was einfallen lassen müsse, um mich zu beeindrucken.
„Perfekt! Ich werde da sein! Hab eben reserviert! Kann’s kaum erwarten!“, waren Stefans letzte Worte. Zumindest was mich betraf.
Am Samstag wollte ich ihn nach der Adresse des Restaurants fragen.
Unser Chatverlauf war weg. Puff! Einfach so. Google erhellte die Sache:
Wenn ein Nachrichtenverlauf, den du mit jemandem hast, auf mysteriöse Weise verschwindet, ist dies leider ein Zeichen, dass du blockiert wurdest.
Nach zwei Tagen hakte ich die Sache ab. Eine Woche später schreckte ich aus dem Tiefschlaf auf: Hatte ich mir Stefan, 32, bloß eingebildet?!
Schreiben ist ihr Steckenpferd: Die Kölnerin Sybille Statz liebt große Romanzen genauso wie Horrorfilme, Katzen und Serien der 90er. Noch mehr von ihr gibt’s in ihren beiden Kurzromanen „Matches for Real – Das Dating-Desaster“ und „After Sunset – Korallenrot“ sowie hier zu lesen.
Was unsere Autorin Sybille Statz beim Dating so alles erlebt? Hier findest du die weitere Folgen zum Lesen, Staunen und Schmunzeln.
Text: Sybille Statz