Die Londonerin Olivia Byrne eröffnete vor fünf Jahren gemeinsam mit ihrem Bruder das Eccleston Square Hotel, das sie zusammen renoviert und umgebaut haben. Byrne kommt aus einer Hoteliers-Familie und holt sich vom Vater schon mal den einen oder anderen Tipp, den sie uns im Interview gerne weitergibt.
FACES: Wie viele Sterne hat euer Hotel auf Tripadvisor?
Olivia Byrne: Das weiß ich gar nicht genau! Wir stehen allerdings auf Platz 145 aller Hotels in London, worüber ich mich wahnsinnig freue. Ich möchte aber unbedingt in die Top 100.
F: Was tust du an einem normalen Arbeitstag?
OB: Alles eigentlich. (lacht) Mein Bruder und ich teilen uns die Arbeit auf. Er kümmert sich vor allem um die Instandhaltung des Hotels, ich schaue zum Wohl der Gäste, organisiere die Events, kümmere mich um die Mitarbeiter und ums Marketing und eigentlich um alles Administrative. An einem normalen Tag kann alles zusammenkommen: Schichten an der Rezeption, Housekeeping, die Website…
F: Welche Eigenschaften sind für deinen Job wichtig?
OB: Kommunikation und Organisation, dazu kommt die Führung von Mitarbeitern. Es ist wichtig, dass im Team alle am selben Strang ziehen und dieselbe Vision teilen.
F: Wie viele Mitarbeiter arbeiten mit dir zusammen?
OB: 20 Leute. Sie sind alle in verschiedene Teams unterteilt: Rezeption, Verkauf, Küche, Kellner… Für mich ist es wichtig, auf ihre Bedürfnisse einzugehen und auch mal eine Stütze zu sein, wenn jemand Probleme zuhause hat. Mitarbeiter sind schließlich keine Roboter.
F: Dein Vater ist auch Hotelier. Gibt er dir Tipps?
OB: Natürlich! Aber in dieser typischen Vater-Manier. (lacht) Von ihm habe ich gelernt, dass man ein Problem immer sofort angehen und sich direkt damit auseinander setzen sollte. Auch wenn man etwas Angst oder gerade keine Zeit hat, sich darum zu kümmern, sollte man es trotzdem tun. Frontalangriff sozusagen.
F: Das ist ein guter Ratschlag! Aber mal ehrlich: Hattest du als Tochter eines Hoteliers je eine Chance, nicht selbst ins Hotelbusiness einzusteigen?
OB: Wahrscheinlich nicht. (lacht) Aber ich habe es von Anfang an geliebt, in den Hotels meines Vaters zu arbeiten – auch wenn ich nur die Servicekräfte begleitet habe und ihnen wohl mehr im Weg stand als tatsächlich eine Hilfe war. Als ich etwas älter war, habe ich meinen Vater dann auf die Dinge angesprochen, die mir im Hotel aufgefallen sind und die ich verbessern würde. Mein Vater hat mich angesehen und gesagt: „Genau das ist deine Berufung! Das musst du tun!“. Und dann war der Fall klar. Er hätte mich in allem unterstützt, was ich als Beruf gewählt hätte, aber mein Herz schlug schon immer für die Hotelerie. Sie ist meine Leidenschaft!
F: Du setzt viel Wert auf den Komfort deiner Gäste und hältst dafür zahlreiche Features bereit. Welche sind deine liebsten?
OB: Ich liebe das Bett! Es ist so wichtig, in einem guten Bett zu schlafen – und die von Hästens sind einfach genial. Bevor wir unser Hotel mit diesen Betten austatteten, haben wir uns für zuhause selbst eines gekauft. Und das gebe ich nie wieder her! (lacht)
F: Unglaublich, dass Betten ein Leben verändern!
OB: Oh ja, das tun sie! Dein Schlaf ist einfach viel tiefer. Der einzige Nachteil: Ich stehe morgens noch schlechter auf.
F: Ihr setzt in den Zimmern auch auf Tablets und zahl-reiche elektronische Besonderheiten. Ist es denn notwendig, so viele Gadgets zu haben?
OB: Es sind keine Gimmicks, die wir bieten. Wir wollten das beste Bett der Welt haben und den genialsten 3D-Fernseher, außerdem war es uns wichtig, dass der Gast über unsere App und sein eigenes Tablet so viel wie möglich erledigen und auswählen kann. Das macht den Besuch bei uns umso angenehmer. Als wir 2011 eröffneten, gehörten wir noch zu den ersten, die auf Technik so viel wert legten. Wenn ich heute Konferenzen und Messen besuche, ist alles voll von Gadgets und Gimmicks – in der Hotelerie sind neue Technologien im Moment ein riesengroßer Trend!
F: Du hast auch in Gstaad gelebt. Wie beschreibst du die Unterschiede zu deiner Heimat London?
OB: Die Geschwindigkeit ist in London viel höher. Alles muss schnell gehen: das Essen, der Verkehr, das Leben… London hat so viel Energie und ist so inspirierend und pulsierend. Ich denke, die beiden Städte sind absolute Gegensätze. Wenn du von London nach Gstaad kommst, dann weißt du: Hier kannst du runterfahren und zur Ruhe kommen. Für mich ist es toll, dass ich zwischen den beiden Ländern pendeln und mir aus beiden Städten das Beste herauspicken kann.
F: Würdest du in die Schweiz zurückkommen wollen?
OB: Ich schließe es nicht aus, vielleicht später. Ich kann mir nicht vorstellen, in London alt zu werden, dafür ist hier einfach zu viel los. Die Schweiz ist mein emotionales Zuhause, also ja, vielleicht komme ich eines Tages zurück.
F: Verrätst du uns deine Lieblingsplätze in London?
OB: Am meisten bin ich im Stadtzentrum unterwegs. Ich liebe Soho, dieser Teil ist so interessant und auch ein bisschen verrückt. Hier eröffnen ständig neue Restaurants und Bars. Das ist es, was ich an London so liebe. Es ist wie viele kleine Dörfer, die sich zu einer Stadt zusammenschließen. Ich lebe in Pimlico und besuche jeden Samstag den Markt, auf dem die immerselben Bauern ihr Gemüse anbieten. Hier fühle ich mich wohl, geborgen und zuhause. Aber London ist wahnsinnig groß, es kann gefühlt Jahre dauern, von einem Ort zum anderen zu kommen.
F: Welche Restaurants sind deine Favoriten?
OB: Borough Market selbst und die Restaurants darum herum, obwohl es am Wochenende sehr voll sein kann. Es gibt so viele tolle Orte, ich kann mich selbst immer kaum entscheiden!
„London ist wie viele kleine Dörfer, die sich zu einer Stadt zusammenschließen.“
F: Was liebst du an London am meisten?
OB: In London kannst du sein und tun, was du willst. Egal, welcher Nationalität du angehörst oder welche Kultur du hast, hier spielt es keine Rolle.
F: Wenn du deinem jüngeren Ich einen Rat geben könntest, was wäre das?
OB: Mehr Selbstbewusstsein zu haben! Als ich jünger war, war es mir so wichtig, dass die Leute gut von mir denken. Heute ist mir das egal, wahrscheinlich hat mich auch mein Beruf dorthin gebracht, wo ich heute charakterlich stehe. Am Anfang war es natürlich schwierig, so viel Verantwortung auf den Schultern zu tragen, aber genau das hat mir dabei geholfen, schneller erwachsen zu werden und meine Teenie-Sorgen nicht ganz so eng zu sehen.
F: Würdest du deinen Job anderen empfehlen?
OB: Es kommt darauf an, wer du bist. Hotelier zu sein ist mit wahnsinnig viel Verantwortung und Stress verbunden, man muss es wirklich wollen.
F: Für einen Hotelier bist du wahnsinnig jung. Was sagst du Menschen, die dich aufgrund deines Alters unterschätzen?
OB: Wenn die Menschen und insbesondere die Mitarbeiter meines Teams sehen, dass ich nicht einfach Befehle gebe und diese ausführen lasse, sondern schon mal selbst auf den Knien den Boden wische, nehmen Sie mich als Chefin wahr und respektieren mich. Und es ist wichtig, auch vor schwierigen Situationen keine Angst zu haben und Stärke zu zeigen. Wenn man jemandem kündigen muss zum Beispiel – dann muss man das tun, weil es für das Team das Beste ist. Nur so bekommt man auch als junger Mensch den Respekt, den man in diesem Business braucht.
F: Und wenn du zwischen all deinen Verpflichtungen mal etwas Zeit hast, wie verbringst du die dann?
OB: Ich gehe zum Sport oder versuche es zumindest. (lacht) Ich gehe mit Freunden aus, in Restaurants und Bars, oder ich reise.
F: Du leitest das Hotel seit fünf Jahren gemeinsam mit deinem Bruder. Langweilt dich die Arbeit nicht?
OB: Nein, denn wir haben noch so viele Pläne. Außerdem lerne ich ständig Neues dazu, dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. In Bezug auf das Hotel wollen wir das Maximum aus ihm herausholen, bevor wir einen Schritt weitergehen und vielleicht ein zweites eröffnen. Aber ich möchte das auf jeden Fall gemeinsam mit meinem Bruder machen.
Eccleston Square Hotel
Das Hotelier-Gen liegt Olivia Byrne im Blut, schließlich hat ihr englischer Vater in Paris zwei Hotels geleitet. Früh war klar, dass auch die Tochter ins Business einsteigen will, und so kaufte die Familie inmitten von London ein kleines Budget-Hotel. Olivia nahm die Restaurierung selbst in die Hand und ganze 9 Millionen Pfund später stand es, das Eccleston Square Hotel. Mit dem Tablet gesteuertes Licht, Betten des schwedischen Herstellers Hästens, HD-3D-Fernseher – hier kann man es sich gut gehen lassen. 39 Zimmer in drei Kategorien stehen zur Auswahl, ein Doppelzimmer gibt’s ab 210 Pfund pro Nacht. Eccleston Square Hotel, 37 Eccleston Square, London SW1V 1PB, Großbritannien, www.ecclestonsquarehotel.com