Der französische Künstler Guillaume Marmin hat für die Uhrenmarke Jaeger-LeCoultre eine Sci-FiInstallation zum Thema Raum und Zeit entworfen. „Passengers: Through Time“ mutet an wie eine Zeitkapsel. Ist sie das auch?
Wir machen einen Spaziergang in der Wüste – in der Ferne strahlen uns tanzende Lichter entgegen. Es ist ein Portal, mit dem es möglich ist, durch Raum und Zeit reisen: Die Installation „Passengers: Through Time“ ist Science Fiction in Real-Life und wurde von Guillaume Marmin für die Stellar-Odyssey-Kollektion von Jaeger-LeCoultre konzipiert. Wir haben uns Gedanken über die unendlichen Fragen des Universums gemacht und den Künstler zu seinem Meisterwerk befragt.
FACES: Beim ersten Anblick deines Kunstwerks denkt man automatisch an eine Zeitkapsel. War das deine Idee und Vision?
Guillaume Marmin: Science Fiction war eine sehr wichtige Inspirationsquelle für dieses Projekt, insbesondere der Film „2001: A Space Odyssey.“ Das Design der Installation bezieht sich auf die Form des von Stanley Kubrick für diesen Film entworfenen Raumschiffs. Ich würde sagen, dass die Installation als Raum-Zeit-Marker beschrieben werden kann. Es ist zum Reisen konzipiert, spielt mit dem Ausstellungsraum, und seine visuellen und akustischen Inhalte werden im Laufe der Stunden ständig erneuert. Somit steht sein Erscheinungsbild in direktem Zusammenhang mit Zeit und Raum.
F: Was hat dich dazu inspiriert, ein Werk zu einem solch komplexen Thema wie Raum und Zeit zu kreieren?
GM: Ursprünglich gab es die Idee der Passage. Das Publikum kann durch das Werk gehen, ja regelrecht durch es hindurch reisen. Aber es ist auch eine Metapher für das Leben und unseren sterblichen Zustand. Wir alle reisen durch die Welt und erforschen einen Teil von Raum und Zeit.
Guillaume Marmins Recherche
F: Du hast viel Zeit damit verbracht, mit AstronomInnen und UhrmacherInnen zu sprechen, um mehr über die Verbindung von Raum und Zeit herauszufinden. Welcher Teil deiner Recherche hat dich am meisten fasziniert?
GM: Das Faszinierendste ist vielleicht, sich vorzustellen und zu verstehen, dass Zeit und Raum miteinander verbunden sind. Es mag abstrakt und schwer vorstellbar erscheinen, aber die Wissenschaft beweist, dass da ein Zusammenhang besteht. Vielleicht hast du zum Beispiel die Bilder des James-Webb-Weltraumteleskops gesehen. Dank seiner Weitsicht schafft es das Teleskop, 13,5 Milliarden Jahre zurückzublicken, das sind einige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall. Unfassbar, nicht?
F: War es dein Ziel, mit „Passengers: Through Time“ eine optische Illusion zu erschaffen?
GM: Durch die Verwendung von kaleidoskopischen Spiegeln und Mehrfachreflexionen wollte ich mit visuellen Hinweisen spielen. Wenn wir uns in der Installation befinden, verschmelzen Boden und Decke und reflektieren sich endlos. Auch der Körper der BetrachterIn geht als Bestandteil der Installation in diese Bildkomposition ein, was uns an Geschichten über Astralreisen erinnert. Es geht darum, eine Distanz zum eigenen Körper herzustellen.
F: Weshalb hast du für dein Projekt auch Sound-Effekte verwendet?
GM: Das Verhältnis von Bild und Ton ist ein wichtiges Thema in meiner Arbeit. Ich versuche stets, körperliche Empfindungen zu schaffen, indem ich diese beiden Sinne in der Art von Synästhetikern eng miteinander verbinde. Der Maler Kandinsky zum Beispiel war ein Synästhetiker. Seine Bilder waren für ihn Partituren, bei denen jede Form und jede Farbe einem Musikinstrument zugeordnet war. Dieser Ansatz hat mich stets inspiriert.
Die Zusammenarbeit mit Jaeger-LeCoultre und SpezialistInnen ihres Fachgebiets
F: Du hast „Passengers: Through Time“ speziell für Jaeger-LeCoultre entworfen. Wie schwer war es für dich, unter Druck Kunst zu erschaffen?
GM: Dank des Vertrauens, das mir von Jaeger-LeCoultre entgegen gebracht wurde, kam ich sehr gut mit dem Projekt voran. Von dem Moment an, als wir uns auf das Thema Zeit und Raum geeinigt hatten, war es eigentlich ganz einfach, ein Konzept zu entwickeln, das zu unseren gemeinsamen Welten passt.
F: Hast du für die Konstellation mit ElektrikerInnen zusammengearbeitet? Wie müssen wir uns das vorstellen?
GM: Für dieses Projekt haben wir mit einem ganzen Team von SpezialistInnen aus verschiedenen Fachgebieten und Branchen zusammen gearbeitet: ArchitektInnen, BaumeisterInnen, ProgrammiererInnen und auch ElektrikerInnen. Wir haben es geschafft, die Idee in die Realität umzusetzen. Die elektronischen Karten wurden zum Beispiel speziell für dieses Projekt entwickelt. Das ist einer der Vorteile des Internets, das es uns erlaubt, Wissen zu teilen und Fähigkeiten zusammenzubringen. Als ich vor 15 Jahren angefangen habe zu arbeiten, war das noch nicht möglich.
F: Albert Einstein hat die Relativitätstheorie erfunden. War diese Teil deiner Recherche und Inspiration?
GM: Ich bin kein großer Wissenschaftler, zudem erscheinen mir Einsteins Theorien ziemlich komplex. Aber es ist unvermeidlich, sich mit der Relativitätstheorie zu befassen, wenn man mit Licht, Zeit und Raum arbeitet. Das verleiht diesem künstlerischen Projekt seine Tiefe. Es geht mir dabei nicht darum, lediglich Einsteins Entdeckungen zu schildern, sondern darum, auf der Grundlage dieser Überlegungen die Fantasie anzuregen.
F: Wenn du nachts in den Himmel schaust, erkennst du dann deine Installation?
GM: Ich bin mir nicht sicher, ob die Installation wirklich dem Sternenhimmel entspricht, wobei sie sich in der Tat den Gestirnen wie etwa der Sonne oder dem Mond anpasst. Entsprechend deren Positionen werden etwa Bilder und Töne meiner Installation immer wieder neu modifiziert. Man kann sich das vorstellen wie unsere Uhren und Kalender, die mit den Bewegungen der Sonne oder des Mondes verbunden sind.
Die Faszination von Zeitreisen
F: Es gibt so viele Filme zum Thema Science Fiction und Zeitreisen. Weshalb sind wir Menschen so besessen von Raum und Zeit?
GM: Raum und Zeit sind vielleicht das, was das Leben ausmacht.
F: Können Kunst und Wissenschaft nebeneinander existieren?
GM: Natürlich: Kunst und Wissenschaft koexistieren und nähren sich sogar gegenseitig. Fortschritt und wissenschaftliche Entdeckungen eröffnen stets neue Horizonte, wobei auch das Gegenteil eintreten kann. Jules Verne etwa sprach von Technologien, die es zu seiner Zeit noch gar nicht gab und die erst viel später entwickelt wurden. Er war also ein wahrer Visionär, der mit seinem Genie die Wissenschaft beeinflusste.
F: Wenn du die Möglichkeit hättest, in der Zeit zu reisen, wohin würde es dich ziehen?
GM: Das ist eine schwierige Frage. Ich würde vielleicht zurück in die 60er Jahre gehen, in die USA. Ich glaube zwar nicht, dass das Leben damals einfacher war, aber es hört sich nach einer euphorischen Zeit an, in der die Jugend es schaffte, die Gesellschaft zu verändern. Diese Zeit war der Geburtsort der Popkultur, die später die ganze Welt beeinflusste.
F: Im Rahmen dieses Projekts hast du dir selbst die Frage danach gestellt, was Zeit wirklich ist. Hast du eine Antwort darauf gefunden?
GM: Nein, ich habe keine Antwort darauf gefunden, aber versucht, die vorhandenen Definitionen zu verstehen. Dabei habe ich etwas begriffen, was ich davor nicht verstanden hatte: Es gibt mehr als eine Definition von Zeit, und sie alle sind flexibel.
F: Trägst du selbst eine Uhr?
GM: Nein, ich bin immer zu spät! (lacht)
Die Installation „Passengers: Through Time“ von Guillaume Marmin ist im Rahmen der Ausstellung „Stellar Odyssey“ an zahlreichen Orten überall auf der Welt zu sehen.
Einen Vorgeschmack gibt es hier:
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Teaserfoto und Fotos: © Jaeger-LeCoultre