Donuts, Dackel, Rüschen oder Ketten schmücken unter anderem die Taschen der Wiener Designerin Julia Skergeth. Ihr gleichnamiges Label hält gekonnt die Balance zwischen Zeitlosigkeit und Trends. Mit einem Augenzwinkern zeigen die Designs, dass man Mode nicht immer allzu ernst nehmen soll. Warum sie einen Masterplan für die Zukunft ausheckt, echtes Leder immer die bevorzugte Wahl ist und wie wichtig Transparenz ist, erzählt sie im Interview.
FACES: Du verbringst einen Großteil deiner Zeit mit dem Designen von Taschen. Was ist für dich die perfekte Tasche?
Julia Skergeth: Eine, die man über alles liebt und nach einigen Jahren wieder aus dem Schrank holt, nur um sich erneut in sie zu verlieben.
F: Besitzt du viele Taschen oder bist du da eher minimalistisch unterwegs?
JS: Meistens trage ich die Prototypen, da ich sie testen muss. Viele davon gehen später wieder zurück in die Produktion. Natürlich habe ich aber den Luxus, jederzeit eine passende Tasche zu meinem Outfit wählen zu können.
F: Woher stammt dein Interesse am Design? Wo hast du deine ersten Erfahrungen gesammelt und wann wusstest du, dass du Taschen designen willst?
JS: Schon als Kind war ich sehr kreativ. In London habe ich dann Modedesign studiert, war mir aber anfangs gar nicht sicher, ob ich ein eigenes Label gründen wollte. Mein Interesse an Taschen entwickelte sich organisch aus der Nachfrage heraus. Ich habe oft Kleidung und Accessoires für mich selbst entworfen, die ich genau so auf dem Markt nicht finden konnte.
F: Du hast unter anderem als Schuhdesignerin begonnen. Wie kam es schließlich zu den Taschen?
JS: Am Anfang war es ein persönliches Projekt. Schuhe sind online sehr schwer zu vermarkten und erfordern ein enormes Produktionskapital, allein schon wegen der verschiedenen Größen. Damals habe ich sogar eigene Schuhsohlen entwickelt, was sehr kostspielig war. Aus strategischer Sicht machte es für mich mehr Sinn, mich auf Taschen zu konzentrieren. Aber eines Tages möchte ich gerne wieder in die Schuhproduktion einsteigen und diese Kategorie erweitern.
„Wir sourcen all unsere Materialien selbst, von den kleinsten Schrauben bis hin zu den größten Komponenten einer Tasche“
F: Aus welchen Materialien besteht eine Julia Skergeth Tasche?
JS: Wir arbeiten hauptsächlich mit Leder. Ich liebe Leder über alles, da es so viele herausragende Eigenschaften besitzt. Manchmal nutzen wir auch Stoffe, stoßen dabei aber im Vergleich zu Leder oft auf Herausforderungen. Wir sourcen all unsere Materialien selbst, von den kleinsten Schrauben bis hin zu den größten Komponenten einer Tasche. Dabei legen wir großen Wert auf Qualität und Transparenz.
F: Transparenz ist gerade bei der Herstellung von Kleidung und Taschen ein wichtiges Thema. Wo wird bei euch produziert?
JS: Unsere Produktion findet in Padua, Italien, statt. Wir sind sehr stolz darauf, einen so großartigen Produktionspartner gefunden zu haben. Es war ein langer Weg, um dorthin zu gelangen, wo wir heute produzieren.
F: Welche unerwarteten Hindernisse musstest du in den Anfängen überwinden?
JS: Wenn man ein eigenes Label aufbaut, stößt man ständig auf Hindernisse, aber das ist wichtig, um zu wachsen, zu lernen und sich zu verbessern. Unsere größten Herausforderungen lagen immer in der Produktion. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Designs mit höchster Sorgfalt und Qualität umgesetzt werden. Wenn das nicht der Fall ist, entstehen viele Probleme, abgesehen von den hohen Kapitalanforderungen.
„Solange der Konsum von Billigmode nicht abnimmt, bleibt es schwierig, nachhaltige Mode voranzutreiben“
F: Die Modebranche kann ganz schön hart sein. Was sind die wichtigsten Lektionen, die du in den letzten Jahren gelernt hast?
JS: Durchhalten, aufstehen und weitermachen – das sind die wichtigsten Lektionen. Man muss für sein Produkt und seine Marke brennen, um auch schwierige Zeiten zu überstehen.
F: Ist es eine Illusion, dass die Modewelt nachhaltiger wird, oder tut sich tatsächlich etwas in diese Richtung?
JS: Dass Shein seit 2022 der größte Online-Modehändler ist, ist ein besorgniserregendes Zeichen, wenn wir die Modewelt nachhaltiger machen wollen. Um solch günstige Kleidung anbieten zu können, werden die billigsten Materialien verwendet, was zu enormen Mengen an Plastikmüll führt. Solange der Konsum von Billigmode nicht abnimmt, bleibt es schwierig, nachhaltige Mode voranzutreiben.
F: Wofür möchtest du, dass deine Marke steht? Was sollen KundInnen mit Julia Skergeth verbinden?
JS: Meine Marke soll ein Lebensgefühl verkörpern, ein Gefühl von Empowerment. Ich möchte, dass Frauen, die meine Taschen tragen, auf der Straße angesprochen werden und ein Kompliment für ihre Tasche erhalten. Sie sollen sich richtig gut fühlen, wenn sie in eine Tasche investieren und dieses besondere Gefühl lange in Erinnerung behalten.
F: Einige deiner Taschen bestechen durch verspielte Details. Sollte Mode weniger ernst genommen werden?
JS: Absolut! Mode sollte Spaß machen und man sollte sich darin wohlfühlen, anstatt stur den neuesten Trends hinterherzulaufen.
„Ich habe einen Masterplan, über den ich noch nicht viel verraten kann“
F: Wen möchtest du auf den Straßen mit einer Julia Skergeth Tasche sehen?
JS: Je mehr Menschen, desto besser! Natürlich hat man eine bestimmte Persona im Kopf, für die man designt. Bei mir ist sie äußerst modebewusst, steht mitten im Leben, weiß, was sie will und liebt es, die Taschen auf verschiedenste Weise mit Outfits zu kombinieren. Sie trägt die Tasche auf ihre eigene, individuelle Art.
F: Welche Trends stellst du momentan bei Taschen fest? Und wechseln die Trends mittlerweile schneller?
JS: Ein Taschentrend hält in der Regel drei Saisons, obwohl es natürlich auch schnellere Trends gibt. Zum Glück sind Accessoires etwas langlebiger. Für Herbst/Winter 2024 werden die Farben ruhiger, mit Braun- und Rotbrauntönen. Metallic bleibt angesagt, und es wird eine Highlight-Farbe wie Sulfur geben. Rauleder in Braun und Camel bleibt ebenfalls aktuell – es ist derzeit alles sehr klassisch.
F: Wo siehst du deine Marke in fünf Jahren?
JS: Ich habe einen Masterplan, über den ich noch nicht viel verraten kann, aber es wird um das KundInnenerlebnis gehen – das steht bei mir sogar über dem perfekten
Produkt.
Die nächste Tasche in deiner kleinen oder großen Sammlung könntest du hier finden.
Fotos: © Julia Skergeth, © Christoph Liebentritt
Wer wohl Leder eben so sehr liebt wie Julia Skergeth? Yvonne Reichmuth von YVY. Auch sie hat uns Einblicke in ihre Arbeit gegeben.