Man mag von Philipp Plein halten, was man will. Aber: Der Mann schafft, was auf dem Modeparkett so wenige können – er bleibt. Unsere Autorin Elna-Margret zu Bentheim hat den Designer zum Interview getroffen und sich überraschen lassen.
Interview: Elna-Margret zu Bentheim
Fotos: Terry Richardson
Düsseldorf. Ich treffe heute einen Mann, der polarisiert und den eine rockig, glamouröse Aura begleitet. Arroganter Schnösel, Designer, millionenschwerer Lebemann… das sind nur wenige Schlüsselwörter, die sich einem aufdrängen, wenn man das Internet nach Philipp Plein fragt. Wer möchte, kann sich noch die „Instagram-Telenovela“ rund um seine Liebschaften mit rumänischen Supermodels anschauen. Denn mit den Frauen, da läuft es nicht so… Plakativ wird da ein Leben dargestellt, das abturnt und zugleich fasziniert. Ich bin aber niemand, der sich von so was beeindrucken lässt. Auf das, was andere sagen, höre ich kaum – ich will mir eine eigene Meinung bilden. So komme ich zur vereinbarten Zeit in den neu renovierten Philipp-Plein-Store auf der Königsallee. Schon von weitem kann man den großen Bahnhof erkennen. Heute Abend rockt die Hütte – klotzen, nicht kleckern – so viel ist klar, dafür steht die Luxusmarke des Deutschen. Roter Teppich, Logowand aus frischem Grün. Innen geschäftiges Gewusel. Ich muss warten und sitze in Hörweite des Vorgänger-Interviews. Ich schnappe einzelne Wortfetzen auf und bin gespannt auf seinen Geist. Man ruft mich zu ihm. Schon bei der Begrüßung ist mir klar, dass es sich um einen klardenkenden, intelligenten Geschäftsmann handelt, der genau weiß, was er will. Dennoch hat er das Herz am rechten Fleck. Ich mag solche Menschen. Als ich später zurück zu meinem Auto gehe, denke ich: „Es müsste mehr von dieser Sorte geben – er hat zu Recht Erfolg!“ Aber lesen Sie selbst:
FACES: Was lieben beziehungsweise hassen Sie an Ihrem Job?
Philipp Plein: Hm, wenn Sie jemand fragen würde, was lieben oder hassen Sie an Ihren Kindern, dann würden Sie doch auch sagen, dass Sie alles an ihnen lieben, oder? Mit einer Firma, die man selber aufgebaut hat, ist es eigentlich genauso. Das ist auch wie ein Baby, das man liebevoll großzieht. Deshalb kann ich jetzt gar nichts Negatives sagen. Natürlich gibt es auch in meinem Geschäftsalltag Situationen, die man meistern muss, aber das gehört dazu.
F: Spüren Sie den Druck in Ihrer Branche?
PP: Wir sind eigentlich frei von Druck. Wir sind eine Firma, die sich selbst finanziert hat und bis heute nicht mit Krediten oder irgendwelchen anderen finanziellen Mitteln arbeitet, die von außen kommen – das heißt wir sind eine gesunde Firma. Wir sind bis jetzt organisch gewachsen. Wir geben nur das Geld aus, das wir verdient haben. Deshalb sind wir da relativ entspannt.
„I believe in hustle I don’t fuck with luck!“
F: Wie abhängig sind Sie von Trends?
PP: Wissen Sie, Trends sind in meinen Augen nicht mehr das, was sie mal waren. Früher hat es zwei bis drei Monate gedauert, bis ein Trend zum Beispiel von den Laufstegen New Yorks zu uns kam. Das war, sagen wir mal, eine gesunde Entwicklung eines Trends. Heute sind Trends viel kurzlebiger. Es gibt jede Woche praktisch einen neuen. Was auch durch die globalen Verbreitungsmöglichkeiten der sozialen Netzwerke und deren Influencer mit ihren Millionen von Followern angetrieben wird. Früher waren Trends doch feder-führend, ein Vorbild – alle sind dem gefolgt. Heute ist das nicht mehr so. Sie verglühen so schnell wie Sternschnuppen.
F: Wie hat Social Media Ihre Arbeit beeinflusst?
PP: Das beeinflusst mich kaum. Die Welt hat sich einfach verändert. Wo man früher noch vieles per Hand geschrieben oder gefaxt hat, da nutzen wir heute unser Smartphone und machen damit unsere Kommunikation, unsere Einkäufe und auch alles andere. Wir sind 24/7 erreichbar, immer online. Dem muss man sich halt anpassen – vor allem wenn man in der Konsumbranche arbeitet. Es ist eben wichtig für uns als Unternehmen, sich dem Kaufverhalten der Kunden anzupassen. Diese Flexibilität darf man niemals verlieren.
F: Wie finden Sie heraus, was Ihre Kunden in der nächsten Saison wollen?
PP: Unsere Stores sind dafür die besten „Testlabors“! Wenn Sie Retail betreiben, kontrollieren Sie natürlich Ihre Abverkäufe. Mit unserer Software können wir genau verfolgen, welche Farben und Größen zu welchen Preisen funktionieren und welche eben nicht. Wir sehen, dass in Deutschland zum Beispiel bei den Damen eher größere Schuhgrößen gefragt sind als in Italien. Nach diesen Werten optimieren wir stetig unseren Einkauf. Dazu kommt der ständige Kundenkontakt. Unsere Store-Manager weltweit sind ebenfalls wichtige Wegweiser. Durch die direkte Kommunikation mit den Kunden können sie ebenfalls einen Bericht abgeben, was noch gewünscht ist. Danach richtet sich dann die neue Kollektion. Das ist planmäßige Kalkulation. Es ist nicht so, dass alles auf Kreativität beruht, sondern auf reinen Fakten. Am Ende ist Erfolg errechenbar. Man muss nur die richtige Formel haben. Wer an Glück glaubt, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann! Mein Credo ist: I believe in hustle – I don’t fuck with luck! (lacht)
F: Welche Tipps geben Sie jungen Designern mit auf den Weg, die es so weit bringen möchten wie Sie?
PP: Ich denke, das Wichtigste ist, dass man an sich glaubt und an das, was man tut. Wenn man zu viel auf andere hört, kommt man zu leicht vom eigenen Kurs ab. Wenn man selber nicht an sich glaubt, wer soll es dann tun?
F: Ihre drei Style-No-Gos?
PP: Gibt es nicht. Für mich alles Humbug, weil jeder das tragen muss und das anziehen soll, in dem er sich wohlfühlt. Denn es ist nicht das Kleid, was eine Frau schön macht, sondern es ist sie selbst. Wenn man nicht selbstbewusst ist in dem, was man trägt, dann wird auch die tollste Couture-Robe nicht wirken. Die Kunden müssen verstehen, dass es nicht der Designer oder eine bestimmte Marke sind, die sie gut aussehen lassen, sondern sie selber!
F: Was ist das Schrecklichste, was Sie je über sich und Ihr Label gelesen haben?
PP: Ach, da gibt es eigentlich nichts, was mir so in Erinnerung geblieben ist. Schauen Sie, wir sind so erfolgreich in dem, was wir tun, und dieser Erfolg gibt uns oder mir auch ein gewisses Selbstbewusstsein. Ich denke einfach, dass es nicht viele schaffen, mit eigenen finanziellen Mitteln eine 200-Millionen-Euro-Marke aus dem Nichts aufzubauen. Die Leute urteilen oft aus Unwissenheit und Neid heraus, ohne mich oder irgendwelche Hintergründe zu kennen. Jeder hat natürlich das Recht auf seine Meinung, aber wir sind ein hart arbeitendes Unternehmen, und darauf bin ich auch stolz.
F: Der typische Plein-Stil zieht sich durch jede Ihrer Kollektionen. Langweilen Sie sich damit nicht irgendwann?
PP: Die Marke hat einen USP, der sich wie ein roter Faden durchzieht. Der Philipp-Plein-Stil hat Wiedererkennungswert und bildet die Wirbelsäule des Unternehmens. Warum etwas ändern, womit man Erfolg hat?
„Es sind weder die Designer noch eine bestimmte Marke, die einen gut aussehen lassen, sondern Sie selber!“
F: Philipp Plein ist kein Label, das Trends setzt, sondern seinen Stil konsequent verfolgt. Manko oder Gewinn für ein Mode-Label?
PP: Wie ich schon sagte, ich glaube nicht an Trends. Wir funktionieren auf dem Markt einfach gut. Der Grund ist, dass wir performen und verkaufen. Wir repräsentieren im Bereich gehobener Luxus die sogenannte „Old Economy“. Diese steht eben für etwas – da bekommt der Kunde wahre Qualität. Wir haben mit der neuen Marke, die wir übernommen haben, über 100 Geschäfte und gegen den allgemeinen Trend in der Branche ein Umsatzwachstum von 18 Prozent. Wir sind ja auch noch ein junges Unternehmen. Da ist noch Platz nach oben. Wir wollen weiter wachsen. Ich möchte noch weitere Geschäfte eröffnen in Frankfurt und München sowie in Zürich. Ich bin noch nicht fertig mit meiner Vision.
F: Ihre Person und Ihr Label polarisieren – was entgegnen Sie Kritikern?
PP: Neider sind zum einen eine gute Motivation, zum anderen zeigen sie aber auch Schwäche. Denn wer neidet, zeigt ja nur, dass da eine Angst besteht, jemand anderes könnte besser sein. Die Marke Philipp Plein besetzt eine Nische. Da stehen wir bisher alleine. Es gibt daher nicht viele Vergleichspunkte.
F: Sie haben mit Terry Richardson, dem umstrittensten Fotografen der Mode-Branche, zusammengearbeitet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? Effekthascherei?
PP: Damals war Terry Richardson einer der hippsten Fotografen der Welt, und mit dem wollte ich zusammen arbeiten.
F: Lindsay Lohan und Mischa Barton haben für Ihr Label gemodelt, Chris Brown singt auf Ihrer Modenschau. Wie kommen solche Kooperationen zustande?
PP: In der Regel kennt man sich von irgendwoher. Aber natürlich prüfen wir vorher ganz genau, ob so eine Synergie Sinn für das Unternehmen macht. Es muss ja der Marke dienen und sollte einen positiven Effekt haben.
F: Sie präsentieren Ihre Mode in Mailand – wie wohl fühlen Sie sich dort zwischen Größen wie Armani, Gucci oder Prada?
PP: Wir vergleich uns nicht mit anderen Marken. Wenn Sie einen dreißigjährigen promovierten Juristen mit einem sechzehnjährigen Schüler vergleichen, würde das keinen Sinn machen. Da stehen einfach zu viele Unterschiede im Weg. Der Sechzehnjährige kann sich noch nicht auf das gleiche Level entwickelt haben.
„Wer neidet, zeigt seine Angst, jemand anderes könnte besser sein.“
F: Sie beteiligen sich seit Kurzem an Flavio Briatores und Percassis Label „Billionaire Couture“ und haben in diesem Zusammenhang gesagt, sie wollten damit „das werden, was Rolls-Royce für die Automobilwelt ist“. Wie wollen Sie diese Erwartungen erfüllen?
PP: Ganz einfach, indem wir einfach nur Qualität verkaufen! Wenn Sie einen Rolls Royce kaufen, dann kaufen Sie das beste Auto der Welt. Wir machen es wie Rolls Royce: Was nicht perfekt ist, kommt nicht in den Handel!
F: Flavio Briatore und Sie sind beide starke Persönlichkeiten. Kann eine solche Zusammenarbeit überhaupt funktionieren?
PP: Nun, ich habe die Mehrheit der Marke übernommen, und so kann ich eigentlich tun und lassen, was ich will! Briatore und Percassi sind natürlich weiterhin Aktionäre, aber eher als stille Teilhaber. Anders hätte ich es auch nicht gemacht, denn in so einem Markt wie der Mode muss man relativ schnell agieren und auch relativ schnell funktionieren können. Das ist einfach ein sehr schnelllebiges Geschäft, und ich glaube, dass wir ganz genau wissen, wie der Markt funktioniert. Das zeigt einfach der Erfolg der Marke Philipp Plein mit einem Jahresumsatz von 200 Millionen – Tendenz steigend! Das war mit Sicherheit der Grund, weshalb das Interesse an so einem Joint Venture bestand. Flavio ist natürlich auch ein guter Bekannter oder sogar Freund – wir telefonieren bestimmt jeden zweiten Tag miteinander oder sehen uns, da wir ja beide in Monte Carlo leben.
F: Haben Sie immer an Ihren Erfolg geglaubt?
PP: Ich hatte ein Bild von dem, was ich machen wollte, und daran habe ich geglaubt.
F: Wieso wurden Sie ausgerechnet Designer?
PP: Oh das ist eine sehr lange Geschichte. Diese jetzt zu erzählen würde wirklich jeden Rahmen sprengen…
F: Wie entspannen Sie am besten?
PP: Bei der Arbeit.
F: Haben Sie sich verändert, seitdem Sie Vater sind?
PP: (wird nachdenklich) Leider nicht, da mein Sohn ja nicht bei mir aufwächst. Aber es hat mich in jeder Beziehung offener und sensibler für Kinder an sich gemacht.
F: Gibt es noch einen unerfüllten Traum?
PP: Ich glaube, es gibt viele Träume. Die Motivation des Lebens basiert doch auf Träumen, und wenn man keine Träume mehr hat, dann hat man auch keine Motivation, morgens aufzustehen. Träume sind doch das, was uns täglich dazu bewegt, unser Leben zu meistern, den Tagesablauf durchzuziehen und weiter zu machen. Deshalb ein klares Ja zu dieser Frage!