Derart klimaneutral fallen Ostern selten aus: leere Abflughallen, keine Blechlawine am Gotthard… Das Einzige, das derzeit in der Welt umhergeht, ist dieses Covid-Dingsbums. Nach welchen Massnahmen greift die FACES-Redaktion, wenn sie statt des Virus dennoch das Reisefieber befällt?
Johanna Prokopp: „Il est cinq heures, Paris s’éveille“ von Jacques Dutronc (Disque Vogue, $ 1.29 bei iTunes) läuft in Endlosschlaufe! Weniger darum, weil ich mich nach Paris oder Frankreich sehnen würde, sondern weil das Chanson mit seinem Rhythmus und seinem Text („Le café est dans les tasses / Les cafés nettoient leurs glaces / Et sur le boulevard Montparnasse / La gare n’est plus qu’une carcasse“) das geschäftige Aufwachen einer Stadt beschreibt. So, wie es die Norm war, vor einer gefühlten Ewigkeit. Irgendwie wirkt das ja schon alles wie ein schräger Traum und eigentlich würde ich gern mal wieder aufwachen.
Michèle Stähli: Bewegung treibt mir den Stubenkoller aus den Knochen. Mit meiner Nachbarin verbiege ich mich zweimal die Woche beim Dachterrassen-Yoga (wobei mir dort das Stillliegen am Ende zugegebenermassen am besten gefällt), und ausgedehnte Spaziergänge sind zur nötigen Gewohnheit geworden, um den Kopf zu lüften in dieser komischen Zeit. Von Wipkingen flaniere ich die Limmat entlang, kehre um bei der Werdinsel oder gehe weiter bis zu den Reben am Hönggerberg.
Angela Sisca: Die Erinnerung an meine Familie in Süditalien holt mir die Sonne in die eigenen vier Wände – und ein bisschen „gioia di vivere“. Zum Nachhelfen blättere ich Ferienfotos durch, dann zaubere ich in meiner Quarantänen-Küche Bruschetta, Spaghetti Vongole, Burrata oder selbstgemachte Pesto Rosso. Auf jeden Fall laufen dazu Canzoni von Adriano Celentano, Al Bano & Romina Power… Die Playlist meines Herzens:
https://open.spotify.com/user/0bzcure/playlist/18l4StfLzFx3KdKkHSqnYe?si=RlR6uNUeQLCQoFXGwmzPTw
Alisa Schmid: Gefunden habe ich das Bild, glaube ich, auf Pinterest. Wobei, eigentlich hat es eher mich gefunden, es sprach mich sofort an. Sein Anblick entspannt mich. Klar, jeder interpretiert es anders. Wenn ich es anschaue, bleibt die Zeit stehen und meine Gedanken tragen mich weit weit weg… HEAD IN THE CLOUDS eben.
Bruce Yim: Mein Plan war, diesen Frühling die Familie zu besuchen. In Hongkong. Unter diesen Umständen relativ schwer. Um dennoch etwas Heimat zu schnuppern, schiebe ich das Signature-Gebäck Honkongs in den Ofen: Pineapple Buns! Auf Heimatbesuch verdrücke ich jeweils Tonnen davon. Den Genuss muss man sich jedoch verdienen, die Herstellung ist aufwändig. Ich empfehle dieses Rezept und verspreche: Die Mühe lohnt sich!
https://www.youtube.com/watch?v=r3dbwvnn0aw
Tanya Hänni: Couch Potato? Nicht mit mir, in Zeiten wie diesen. Workout im Wohnzimmer, neue Tiktok-Dances einstudieren, täglich ein paar Schritte raus – immer aktiv bleiben! Am liebsten derzeit beim YouTube-Yoga, auf der Matte kann ich mich wunderbar in die Ferne träumen. Diese Viertelstunden-Stretching-Session mit Mady Morrison beugt den ganzen Körper durch. Perfekt, um durchzuatmen und sich zwischendurch etwas Gutes zu tun:
https://www.youtube.com/watch?v=qFgwrTc1e1I
Marina Warth: Survival of the fittest? Kommt es hart auf hart, bin ich vorbereitet. Weil ich Bear Grylls beim Überleben in der Wildnis zuschaue. DMAX bietet online drei Staffeln Abenteuer, in denen der ehemalige SAS-Soldat beweist, was für ein harter Hund er doch ist. Ganz nebenbei fantasiere ich mich dabei an exotische Orte, in den Dschungel, die Savanne, die Wüste, und vergesse für einen Moment, dass ich eigentlich auf dem heimischen Sofa rumlungere.
Mirco Ludolini: Aus der Gosse Miamis an die Spitze zu kommen, ist eines. Dort zu bleiben, das andere. Das erfordert Glück, Timing, harte Arbeit. Gewohnheiten und Altlasten eines Ex-Dealers helfen da kaum. Rick Ross beschreibt in „Hurricanes“ (Hanover Square, CHF 33.90), wie es ihm trotzdem gelingt. Der Rapper schildert Drogensumpf und Gangfights, blickt hinter die Kulissen der Musikindustrie und in den Alltag eines A-Promis. Die Songs von Ricky Rozay begleiten mich seit Jahren – die Biographie liefert nun den Hintergrund dazu.
Meret Ackermann: Der Duft von verdunstetem Schweiss, Salsa-Rhythmen in der Luft, endlose Nächte mit lauwarmem Bier auf feuchten Sitzsäcken, das Rauschen der Wellen… Meine definitive Top-Destination ist (und bleibt wohl) Zentralamerika. Vergangenen Winter verbrachte ich wunderbare Wochen in Panama. An trostlosen Tagen zuhause lasse ich diese aufleben, setze mich dazu mit einer schlecht gekühlten Cerveza Balboa (CHF 3.50 im Latino-Shop) in die Badewanne und lasse eine Latino-Playlist laufen. Irgendeine. Klingen eh alle gleich.
Marco Rüegg: Ob uns Gott aus dem Schlamassel holt? Und wenn ja: welcher? Nein, beten liegt mir nicht. Trotzdem, mein Rettungsanker in der Lockdown-Ödnis ist eine Dröhnung Jerusalem. Eine Droge von einer Stadt, vollgesogen mit spiritueller Energie wie ein nasser Schwamm. Ich habe sie auf dem Nachttisch. Und in der Küche. Und auf der Couch. In Form eines 256-Seiten-Schinkens (AT Verlag, CHF 36.90), der Marktszenen, Anekdoten und Aromen (in Form von Rezepten) vereint. Kopfkino und Gaumenorgasmus in einem.