Das Luxusschmuck-Segment ist nach wie vor eine stark männlich dominierte Welt. Der fehlende weibliche Blickwinkel war einer der Gründe für Maria Zelenko, zusammen mit Geschäftspartnerin Marina Stütz ihre Brand Attrē zu gründen. Im Gespräch erklärt die Kreative, was es braucht, um Luxus auch im Alltag tragbar zu machen, warum man die Entscheidung, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, nur selten über Nacht fällt – und weshalb ein Attrē-Design nichts im Safe verloren hat.
FACES: Welche waren deine ersten Berührungspunkte mit Fine Jewelry?
Maria Zelenko: Viele KollegInnen würden als Antwort auf diese Frage vielleicht von der Schmuckschatulle ihrer Mama oder Oma erzählen – das trifft bei mir nicht zu. Ich stamme aus einer Einwandererfamilie. Wir sind nach Österreich gekommen, als ich zwei Jahre alt war – ohne finanzielle Mittel. Entsprechend gab es kaum Wertgegenstände in unserer Familie. Das Einzige, das ich besitze, ist eine feine Roségold-Kette von meiner Oma. Abgesehen davon erinnere ich mich an keine nennenswerten Erbstücke und erst recht an keine Berührungspunkte mit Luxus. Mein Interesse für Independent Fine Jewelry hat sich parallel zu meinem Wunsch, Modejournalistin zu werden, entwickelt; ich würde sagen, mit vierzehn oder fünfzehn Jahren. Ich bin stolz, dass ich mir diesen auch erfüllen konnte. Bevor ich mich selbstständig gemacht habe, war ich also über ein Jahrzehnt als Mode- und Beautyjournalistin tätig. In dieser Zeit durfte ich so viele spannende Menschen kennenlernen und interviewen, so viele spannende Reisen unternehmen und mich dabei sehr intensiv mit der Luxusbranche auseinandersetzen. Im Laufe meiner journalistischen Karriere habe ich mich zunehmend auf Reportagen und Analysen über die Diamant- und Schmuckindustrie spezialisiert. Kurz vor Ausbruch der Covid19-Pandemie habe ich mich dann dazu entschieden, berufsbegleitend eine Diamantgutachter-Ausbildung zu machen. Dort habe ich auch meine Geschäftspartnerin Marina kennengelernt. Wir haben schnell erkannt, dass sich unsere Visionen von einer zeitgenössischen Luxusschmuckmarke stark decken. Was folgte, waren rund zwei Jahre intensive Arbeit an unserer Idee. Im Frühjahr 2023 habe ich mich dann dazu entschlossen, mich aus dem Journalismus zurückzuziehen und den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Im November 2023 haben wir schließlich Attrē lanciert.
F: Wie würdest du diese – eure – gemeinsame Vision zusammenfassen?
MZ: Wir leben in einer Zeit, in der das Thema Labordiamanten zunehmend groß wird. Für uns war aber vom Start weg klar, diesen Weg nicht mitgehen zu wollen. Der Diamant ist ein Luxusprodukt – und wir möchten die Wertschätzung für dieses Naturprodukt weiter aufrechterhalten. Sämtliche unserer Schmuckstücke werden aus 18-karätigem Gold gefertigt. Bei der Herkunft der verarbeiteten Edelsteine setzen wir, als erste Marke im DACH-Raum und einer weniger Brands weltweit, auf bis zum Ursprungsland rückverfolgbare Diamanten, die wir schrittweise in unsere Kollektion implementieren. Diese erreichen wir durch unsere Partnerschaft mit dem Diamanttechnologie-Unternehmen Sarine. Wir machen hinsichtlich der Qualität also keinerlei Kompromisse. Zusätzlich zeichnet uns unser Design aus. Attrē ist clean, edgy – und immer tragbar. Ja, wir sprechen hier von einem absoluten Luxusprodukt, von Diamanten und 18-karätigem Gold. Und dennoch ist selbst unser teuerstes Schmuckstück, eine Tenniskette um 54’000 Euro, so konzipiert, dass sie auch zur Jeans und dem weißen T-Shirt funktioniert. Unsere Designs haben im Safe nichts verloren, sie wollen getragen werden!
F: Wie viel Mut hat es dich gekostet, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen?
MZ: Ich bin nicht eines Tages aufgewacht und habe beschlossen, alles zu ändern. Das ehrlich zu kommunizieren ist mir sehr wichtig – denn diese Ehrlichkeit fehlt mir gerade in der Gründerszene oft. Es ist okay, sich den Mut für große Entscheidungen erstmal ansammeln zu müssen. Dazu kommt das unterschiedlich hohe finanzielle Investment, ganz abhängig von der Branche, in der man gründet. Bei Dienstleistungen ist das vielleicht noch etwas einfacher als im produzierenden Gewerbe – und dann erst recht in jenem Segment, in dem wir tätig sind. Wenn wir von einer Idee hören, sind wir häufig sehr schnell damit zu sagen: „Warum versuchst du es nicht einfach? Wenn du fest dran glaubst, dann wird das schon.“ Ich persönlich erachte es als wichtig, die Dinge gut durchzudenken.
„Unsere Designs haben im Safe nichts verloren, sie wollen getragen werden!“
F: Das Marktumfeld, in dem ihr agiert, ist dennoch alles andere als einfach. Im Segment Luxusschmuck konkurriert ihr mit enormen Größen, teils Institutionen…
MZ: Klar gibt es Unternehmen wie Cartier, Bulgari und Co., Häuser mit Jahrhunderten an Geschichte, die einen guten Job machen – und ebenfalls die Luxus-Kundin ansprechen. Dennoch würde ich hier nicht von Konkurrenz sprechen. Einige der Kundinnen, die zu uns kommen, fühlen sich bei diesen großen Brands aus unterschiedlichsten Gründen nicht richtig aufgehoben, andere tragen schon ihr Love-Bracelet oder ihren „B.zero1“-Ring – und mixen gerne mit Independent Brands, um so ihren ganz eigenen Stil zum Ausdruck zu bringen. Die Attrē-Kundin ist informiert, bereist, kultiviert, weiß was auf der Welt passiert. Sie ist sehr qualitätsbewusst, hat eine hohe Wertschätzung für den Stein an sich. Und natürlich weiß sie, was sich am Markt tut und welche anderen Brands es gibt. Wenn sie dann bei uns kauft, ist das eine ganz bewusste Entscheidung. Gerade deshalb erachte ich es als so wichtig, als Marke eine ganz eigene Sprache zu finden, zu wissen, wofür man steht. Das gilt für das Design an sich, geht aber darüber hinaus. Was uns sicherlich auch stark auszeichnet, ist unser persönlicher Service: Marina und ich machen alle Kundinnen-Termine selbst.
F: Genau diese ganz persönlichen Touchpoints zwischen Kundin und Brand sind es, die den Unterschied machen. In einer Welt, die sich gefühlt immer schneller dreht, fühlt sich Attrē für mich wie ein tiefes Ein- und Ausatmen an.
MZ: Das ist ein wunderschönes Kompliment – und eine Bestätigung für unseren Weg. Wir möchten uns bei den Private Appointments wirklich Zeit nehmen, ganz bei der Kundin sein, ihr unsere volle Aufmerksamkeit schenken. Es ist für mich etwas Besonderes, wenn sich eine Frau so sehr mit Attrē identifiziert, dass sie uns täglich tragen möchte. Unser Ziel ist es, Schmuckstücke zu kreieren, die der Trägerin Raum für individuellen Ausdruck geben – und dieses „Raum geben“ startet schon beim ersten Kontakt zwischen Kundin und Brand.
F: Du sprichst bei all diesen Themen von Kundinnen. Wie viel Prozent eurer Käufe werden von Frauen selbst getätigt?
MZ: Rund 70 Prozent. Wenn wir die Historie betrachten, liegen wir damit auf einem sehr hohen Niveau. Gerade Diamantschmuck war lange das Geschenk des Mannes an die Frau. Das gilt, Stichwort Verlobungsring, nochmal stärker für die Produktgruppe Ringe. Ich finde es wunderschön, dass zu uns so viele Frauen kommen, die sich selbst etwas leisten, sich selbst belohnen, sich selbst beschenken möchten. Und das aus den unterschiedlichsten Gründen. Erst vor kurzem meinte eine Kundin zu mir, 2024 war für sie ein hartes Jahr – und sie möchte sich einfach dafür belohnen, das durchgestanden zu haben. Andere beschenken sich selbst zum Geburtstag, zu einer beruflichen Veränderung, für den Mut, sich zu einer Trennung entschieden zu haben… Und dann sind da noch die Paare, die bei uns Verlobungs- und Eheringe machen – es ist jedes Mal aufs Neue eine große Freude, ein kleiner Teil einer Liebesgeschichte sein zu dürfen.
„Die Attrē-Kundin ist informiert, bereist, kultiviert, weiß was auf der Welt passiert.“
F: Zeigen sich im Einkaufsverhalten Unterschiede zwischen Frauen, die für sich selbst einkaufen und Männern, die eine Frau beschenken möchten?
MZ: Ich würde sagen, dass sowohl Frauen als auch Männer, die bei uns kaufen, sehr informiert sind. Bei Männern stehen häufig aber nochmal stärker die „Hard Facts“ im Fokus – die Steinherkunft, die Qualität. Bei Frauen geht es vielmehr um ein Kuratieren der eigenen Schmucksammlung. Und letztlich hat jeder Kauf einer Frau für sich selbst auch etwas Selbstermächtigendes: Wenn mir etwas gefällt, muss ich nicht warten, bis ich es geschenkt bekomme – ich leiste es mir selbst.
F: Das Luxusschmuck-Segment ist eine nach wie vor sehr männerdominierte Welt. Was braucht es für einen weiblicheren Blickwinkel?
MZ: Es hat sich im Independent Fine Jewelry-Segment in den vergangenen Jahren glücklicherweise viel getan: Vor allem im US-amerikanischen Raum gibt es tolle Schmuckdesignerinnen, jede mit ihrem ganz eigenen unverwechselbaren Stil. Ich hoffe sehr, dass diese Entwicklung so weitergeht. In anderen Bereichen, wie dem Diamanthandel, kann man die Frauen leider bis heute an einer Hand abzählen. Ich denke, sehr wichtig ist, dass sich Frauen vor allem in männerdominierten Branchen umso mehr gegenseitig unterstützen.
F: Was ist der beste Rat, den du jemals bekommen hast?
MZ: „Es gibt kein Vakuum auf dieser Welt“. Diesen Satz hat ein sehr guter Freund, der bereits mehrere äußerst erfolgreiche Unternehmen aufgebaut hat, zu mir gesagt. Was er damit meint, ist, dass einem Wissen nicht vorenthalten werden kann. Man muss vielleicht länger nach Informationen suchen und viele Menschen fragen. Früher oder später kommt man an jene Informationen, die man braucht – egal in welcher Branche.
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