Keine weiß besser darum, Minimalismus und Verspieltheit zusammen zu bringen als Malaika Raiss. Die Berlinerin entwirft Mode für ein Leben voller Spaß – Smileys sorgen für Augenzwinkern, selbst gezeichnete Prints für Charakter und Pailletten für diese eine Prise Feenstaub.
FACES: Wie beschreibst du die Frau, die Malaikaraiss an einer oder gar ihrer eigenen Hochzeit trägt?
Malaika Raiss: Sie ist selbstbewusst, will sich schön und vor allem nach sich selbst fühlen in ihrem Kleid. Mode und ihr Look sind ihr wichtig, aber sie ist auch busy und hat verdammt viel zu tun.
FACES: Auf eurer Webseite sprecht ihr davon, die bestmögliche nachhaltige Version eurer selbst werden zu wollen. Welche Hürden gibt es dafür noch zu überwinden, und wie schafft ihr das?
Malaika Raiss: Die größte Hürde dabei ist aktuell noch der Zugang zu alternativen Materialien, da sich die großen Konzerne bereits ihre Kontingente gesichert haben. Wir müssen also um die Ecke denken und manchmal auch Zwischenlösungen finden. Fakt ist aber, dass wir schon lange eine deutlich transparentere Supply-Chain haben als die großen Player.
FACES: Man findet auf eurer Webseite auch die Rubrik „Archive“. Was ist dort zu finden?
Malaika Raiss: Das sind Lieblingsstücke und Iconic Pieces aus vergangenen Saisons, die wir für einen begrenzten Zeitraum verfügbar machen.
FACES: Einige Labels kehren der Unterscheidung in Spring/Summer- und Fall/Winter-Kollektionen den Rücken. Welche Überlegungen bringen dich dazu, diese klassische Kollektionstrennung weiterzuführen?
Malaika Raiss: Den Rhythmus bestimmt ein bisschen der Markt und natürlich auch das, was publiziert wird. Was den Wholesale angeht, halten wir uns an Saisons. Für unsere Direct-to-Consumer-Capsules brechen wir auch gerne mal aus dem Modekarussell aus.
Collabs mit Malaikaraiss
FACES: Du machst viele Kooperationen, zuletzt um die Moomins. Welche weiteren Collabs sind geplant, und welche würdest du dir besonders wünschen?
Malaika Raiss: Ich arbeite gerne mit anderen Brands zusammen, zu denen ich auch eine persönliche Verbindung habe – Moomin ist eine Kindheitserinnerung, mit Dr. Hauschka Beauty teilen wir als Unternehmen die gleichen Werte. Eine solche Partnerschaft muss vor allem authentisch sein. Eine Collab im Interior-Bereich fände ich toll.
FACES: Du kreierst viele deiner Prints selbst. Wie gehst du dabei vor?
Malaika Raiss: Meist nach Bauchgefühl und dem, was sich aus meinem Moodboard schon erkennen lässt – Farben, Strukturen oder Inspirationen aus der Kunst.
FACES: Wie gehst du vor, wenn du eine neue Kollektion entwirfst?
Malaika Raiss: Ich sauge Inspiration auf wie ein Schwamm. Meistens ist eine Idee für die neue Kollektion unterbewusst bereits da, und die unzähligen Bilder auf meinem Schreibtisch müssen dann nur noch geordnet werden.
FACES: Wobei hilft dir die Digitalisierung in deinem Alltag, und wo behindert sie dich?
Malaika Raiss: Mein iPhone ist inzwischen mein Büro. Ich nutze unglaublich viele Apps zur Kommunikation und kreativen Arbeit, und dass ich dies von überall her tun kann, liebe ich. Allerdings ist man durch die Flut der Eindrücke auf den sozialen Medien nicht mehr so frei in seiner Kreation; davon muss ich mich manchmal bewusst lösen und beim Designen eher analog sein.
Rückblick auf die vergangenen Jahre
FACES: Wie hat sich die Mode von Malaikaraiss über die Jahre verändert?
Malaika Raiss: Ich glaube, in der Kernaussage ist sie gleich geblieben: an essential wardrobe with a fun-feminine twist.
FACES: Schmuck ist ein großer Bestandteil deiner Kollektionen. Mittlerweile vertreibst du auch Living-Artikel. Wie kam es dazu?
Malaika Raiss: Ich designe einfach gerne, und Living war da für mich die naheliegendste Kategorie. Ich habs dann einfach gemacht – wie so oft.
FACES: Wie sieht dein Kleiderschrank aus?
Malaika Raiss: Ein guter Mix aus Vintage und Malaikaraiss. Mal bin ich der Tomboy in Chunky Knit und Anzughose, mal trage ich ein Print-Kleid und Mary-Janes – es ist ein bisschen wie in meinen Kollektionen. Mein Hobby ist es, Vintage-Designer-Teile zu jagen. 90s Jil Sander und Old Céline stehen da ganz oben auf meiner Liste. Auch ich trage viel Schwarz oder Dunkelblau, aber immer mit einem bunten Twist.
FACES: Rot trifft niemals Rosa, Socken gibt’s nicht in Sandalen. Früher gab es klare modische Regeln. Gibt es modisch gesehen heute überhaupt noch Grenzen?
Malaika Raiss: Für mich waren Regeln schon immer da, sie zu brechen oder neu zu schreiben.
Die liebe Heimat Berlin
FACES: Wie hat sich Berlin in den vergangenen Jahren verändert?
Malaika Raiss: Berlin verändert sich permanent, und genau diese Transformation liebe ich so an dieser Stadt. Es ist hier auf jeden Fall noch internationaler geworden, eine echte Metropole, das mag ich.
FACES: Denkt man an Berlin, dann ans Berghain und an Menschen, die viel Schwarz, dicke Sohlen und schmale Sonnenbrillen tragen. Malaikaraiss ist das genaue Gegenteil. Passt du überhaupt nach Berlin?
Malaika Raiss: Berghain und Schwarz, das ist doch nur ein Aspekt von Berlin. Für mich ist Berlin primär bunt, und alles ist möglich. Meine Mode richtet sich an Frauen, für die alles möglich ist und das überall in der Welt. Unsere Kundin ist genauso Berlinerin, wie sie in Japan, Kopenhagen oder New York lebt.
FACES: Was ist das Tolle an Berlin, und was nervt dich an der Stadt?
Malaika Raiss: Dass ständig etwas Neues passiert, es immer etwas zu erkunden gibt und dass man sein kann, wer oder was man will. Der Winter ist oft grau, dunkel und lang. Da muss man entfliehen.
Der richtige Modekonsum
FACES: Wie erlebst du die Modebranche gerade?
Malaika Raiss: Im Umbruch. Ein bisschen in der Midlife-Crisis, gefangen zwischen Weltretten und unendlich skalierbarem Business.
FACES: Die Ansprüche an Mode sind heute höher als früher. Die KonsumentIn möchte neben der Optik auch mehr zur Produktion und den Hintergründen eines Kleidungsstücks wissen. Wie verändert dies deine Arbeit?
Malaika Raiss: Eigentlich hat sich nur der Dialog mit der Kundin verändert, sie will endlich mehr als nur ein Modelabel. Das finde ich großartig.
FACES: Wie sollte man Mode heute überhaupt konsumieren?
Malaika Raiss: Bewusst. Weniger ist mehr.
FACES: Geht dir das Modekarussell manchmal auf die Nerven?
Malaika Raiss: Na klar, mindestens drei Mal am Tag, aber trotzdem würde ich keinen anderen Job machen wollen!
FACES: Kommt es vor, dass dir die Inspiration ausgeht? Was tust du dagegen?
Malaika Raiss: Eigentlich nicht. Ich füttere mein kreatives Hirn regelmäßig. Kunst, Musik, Reisen und der Austausch mit anderen Kreativen sorgen für viele Ideen.
FACES: Wo und wie schaltest du am besten ab?
Malaika Raiss: Mit der Familie. Und noch besser – mit der Familie im Haus am See in Finnland. Absolute Ruhe.
FACES: Du unterstützt Frauen mit starken und coolen Looks. Welche Unterstützung wünschst du dir selbst?
Malaika Raiss: Sichtbarkeit. Mir fehlt in Deutschland ein bisschen der Stolz auf Mode und vor allem auf von Frauen gegründete Modelabels. Ich denke, nur eine Jil Sander reicht nicht aus. Da geht mehr.
Malaika Raiss
Mit 25 gründet die Hessin Malaika Raiss ihr eigenes Label, da hat sie schon ordentlich Erfahrung in der Modeschule und bei Lala Berlin gesammelt. Mit ihren eigenen Kollektionen trifft sie einen Nerv und wird schnell bekannt für dieses Augenzwinkern, das ihre Entwürfe umgibt. Raiss versteht es, zwischen Kunst und Kommerz zu balancieren – einer der Gründe, weshalb sie sich in Berlin innerhalb kürzester Zeit einen Namen macht und mittlerweile zu den festen Größen der deutschen Modelabels gehört.
malaikaraiss.com
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Und wenn wir schon mal bei Berlin sind: Hier gibt’s die beste Pizza in der deutschen Metropole, und hier holst du dir die ultimativen Tipps der Berliner Models Alessa und Anna Winter.
Fotos: © Malaika Raiss